Rückblickend bin ich in das Alleine reisen einfach so hineingestolpert. Nachdem mein Caddy fertig ausgebaut war, hatte ich überhaupt nicht in Betracht gezogen, die erste Caddyreise mit irgendjemandem zu teilen. Ich wollte meinen Minicamper Hedwig für mich ganz allein und war so inspiriert von anderen Frauen mit Bullis und Campern, die alleine reisen.
Wenn die das können, kann ich das auch, dachte ich. Es war ein Experiment, und mir war von Anfang an klar, dass es auch nach hinten losgehen könnte. Und natürlich überkamen mich gleich am ersten Abend meiner ersten richtigen Solo-Reise, in der Abenddämmerung an einem kroatischen Strand, umgeben von Familien und Pärchen, die Zweifel.
Doch als ich am nächsten Morgen aufwachte, waren diese Zweifel wie weggeblasen, denn ich erinnerte mich wieder daran, dass ich mich ja ganz bewusst entschieden hatte, diese Reise allein anzutreten und lernte dann ziemlich schnell, die Vorzüge des Alleinreisens richtig zu genießen.
Alleine Reisen als Frau: Die vielen Fragen
Schon kurz nach dem Frühstück kam eine deutsche Frau zu mir herüber geschlendert und ich stellte mich schon auf das übliche Gespräch ein, das ich schon von Kurztrips allein kannte: „Bist du ganz allein unterwegs?“, „Wow, also das könnte ich ja nicht.“, „Hast du denn keine Angst?“, „Und deinen Camper, den hast du selbst so ausgebaut?“, „Ist ja verrückt, auf so kleinem Raum!“, „Und wird dir nicht langweilig, so ganz alleine?“, „Ach Mensch, wirklich toll, dass du das einfach machst“. Ungefähr so läuft das jedes Mal. Immer die gleichen Fragen und immer die gleichen Antworten: „Ja, ich bin ganz allein unterwegs. Nein, ich habe keine Angst. Den Caddy habe ich mit meinem Vater ausgebaut. Ja, superpraktisch, so ein kleiner Camper. Nein, mir wird nicht langweilig.“
Ich freue mich zwar immer über Gesprächspartner, denn davon hat man ja nicht allzu viele, wenn man allein unterwegs ist, aber ich bin auch jedes Mal wieder fasziniert darüber, wie faszinierend viele das finden, was ich da tue.
Wirklich viele sagen, sie könnten das nicht. Aber haben sie es denn mal ausprobiert? Ich glaube ja, man neigt häufig dazu zu denken und zu sagen, dass man etwas nicht kann, nur weil man es sich selbst vielleicht nicht zutraut. Aber manchmal lohnt es sich, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen.
Unterwegs mit dem Minicamper Hedwig. © Anna/Reiselustig
Alleine Campen als Frau: Die Vorteile von grenzenloser Me-Time
Für mich hat sich das mit dem Alleinreisen in jedem Fall gelohnt, denn dabei verbringt man so viel Zeit mit sich selbst, dass man gewissermaßen gezwungen wird, sich mit sich selbst und den eigenen Gedanken, Ängsten und Sorgen auseinanderzusetzen.
Etwas, vor dem man im Alltag gerne mal flieht und sich stattdessen mit anderen Dingen ablenkt. In vielen Dingen bin ich allein schneller (z.B. Besichtigungen & Stadtbummel), für andere muss ich mehr Zeit einplanen (z.B. Autofahrten, Auf- und Abbau). Allein kann ich auch richtig gut meine Seele baumeln lassen. Den Job Job sein lassen und meinen kompletten Alltag einfach ausblenden. Das ist sehr entspannend.
Anfangs ist das ständige Alleinsein zwar etwas gewöhnungsbedürftig, aber nachdem man sich einmal darauf eingestellt hat, kann es sehr befreiend und bereichernd zugleich sein.
Aber dieses Alleinsein darf nicht mit Einsamkeit verwechselt werden: Denn einsam fühle ich mich auf meinen Reisen eigentlich nie. Diese komplette Unabhängigkeit und Flexibilität sind wirklich viel wert, weil man einfach nur das tut, worauf man wirklich Lust hat. Und wenn man mal bis mittags schläft, ist das vollkommen egal, denn man kann ja alles selbst entscheiden.
Nachdem ich inzwischen seit mehr als fünf Jahren überwiegend allein campe, und schon alleine auf Sardinien, in Frankreich, Kroatien, Slowenien, Norwegen und Australien war, kann ich außerdem sagen, dass nichts mein Selbstbewusstsein so sehr gestärkt hat wie das Alleinreisen. Denn dadurch weiß ich genau, was ich mir zutrauen und schaffen kann. Ich weiß genau, wo meine Grenzen liegen und ich bin sehr glücklich darüber zu wissen, dass ich hervorragend Zeit mit mir allein verbringen kann und diese Zeit für mich nicht zwangsläufig weniger wert ist als Zeit, die ich in Gesellschaft verbringe. Das heißt keinesfalls, dass ich nicht gern in Gesellschaft bin oder es blöd finde, mit anderen zu reisen. Im Gegenteil: Ich mag beides sehr gerne. Es heißt eigentlich nur, dass ich froh bin, zu wissen, dass ich das eben auch allein kann und somit nicht abhängig von der Verfügbarkeit anderer bin.
Und wenn man unterwegs doch mal mehr Lust auf Gesellschaft hat, dann gibt es immer noch die Möglichkeit, die Campingplatznachbarn anzuquatschen oder auf anderem Wege mit anderen in Kontakt zu treten, z.B. bei einem Surfkurs, über Apps wie Camp’n’Connect o.ä.
Alleine campen an den schönsten Stellplätzen. © Anna/Reiselustig
Alleine Reisen als Frau: Die Sache mit der Angst
Ganz grundsätzlich bin ich keine besonders ängstliche Person und das kommt mir natürlich beim Alleinreisen zugute. Dennoch gibt es Situationen, die ich allein einfach anders angehe als in Gesellschaft. Einen Spot zum Wildcampen suche ich beispielsweise sorgfältiger aus als zu zweit. Ich würde zum Beispiel nicht unbedingt allein irgendwo einfach am Straßenrand stehen.
Manchmal teile ich meinen Standort beim Wildcampen mit meiner Schwester für den Fall, dass doch mal irgendetwas sein sollte. Und tatsächlich habe ich ein Pfefferspray im Auto, aber das kam bisher noch nie zum Einsatz.
Genauso, wie ich meine Schlafplätze aussuche, gehe ich meine Wanderungen allein ein klein bisschen vorsichtiger an als zu zweit. Die Strecken sind zwar häufig waghalsig, aber ich achte zum Beispiel immer darauf, dass mein Handyakku beim Losgehen vollständig geladen ist, dass ich genug zum Trinken dabei und die Wanderkarte abfotografiert habe.
Grundsätzlich verlasse ich mich immer auf mein Bauchgefühl und sobald mir irgendetwas komisch vorkommt, entscheide ich mich einfach dagegen.
Einfach mal machen. © Anna/Reiselustig
Alleine Campen als Frau: Was ist eigentlich Langeweile?
Die Frage nach der Angst kann ich durchaus nachvollziehen, aber Langeweile ist für mich tatsächlich ein Fremdwort. Gerade auf Reisen fällt mir immer eine Beschäftigung ein und ich finde es auch äußerst angenehm, einfach mal in der Hängematte zu liegen und nichts zu tun.
Falls ich weder Lust auf Lesen noch auf Fotografieren, Wandern, Klettern, Surfen, Weiterfahren, Postkarten schreiben, Bummeln, Kochen oder Spülen habe, kann ich immer noch Hedwig aufräumen oder arbeiten – da ich selbstständig bin kann ich nämlich praktischerweise von überall aus remote arbeiten.
Wer jedoch mit Langeweile zu kämpfen hat, dem kann ich Podcasts sehr empfehlen: Wenn man anderen beim Quatschen zuhört, fühlt man sich auch direkt weniger allein. Und tatsächlich habe ich eine ganze Zeit lang auf meinen Reisen auch Tagebuch geschrieben, das hilft dabei, die vielen Eindrücke zu verarbeiten und die Gedanken zu sortieren.
Insgesamt ist das Alleinreisen jedenfalls eine Erfahrung, die ich nicht mehr missen möchte und jedem nur ans Herz legen kann. Es muss nicht immer gleich eine weite Reise sein. Ein Kurztrip am Wochenende reicht vollkommen, um das Ganze zu testen. Einfach mal machen. ☺